Wie kann eine plausible Zombie-Apokalypse funktionieren? Wir haben das Konzept „Zombie“ genauer untersucht und drei Möglichkeiten unter die Lupe genommen, wie Menschen zu Zombies werden könnten.
Zombies, Endzeitplage Nummer 1: Seit Ende der Neunziger erleben die hirnlosen Kannibalen einen kometenhaften Aufstieg in Spielen, Filmen und Serien. Dabei legt das Szenario eine überraschende Vielseitigkeit an den Tag. So hat etwa der Film „28 Days Later“ erfolgreich eine von animalischer Raserei geprägte Variante des Zombies etabliert, den man bisher eigentlich als langsam dahinwankenden Untoten kannte. Seit der Comicreihe „The Walking Dead“ werden auch die moralischen Implikationen einer von Zombies überrannten Welt sorgfältig ausgelotet und Spieletitel wie Dead Space erproben Varianten des bewährten Konzepts in anderem Kontext aus.
Damit ist der Reiz groß, die wankenden Gestalten als wesentliches Element in einer eigenen Welt einzubauen und dieses Potenzial auszuschöpfen. Gerade für postapokalyptische Szenarien liefert eine Zombieplage gleichzeitig eine gute Begründung und ein geeignetes Element, um eine spannende Grunddynamik aufrechtzuerhalten. Bleibt zu klären, wie es eigentlich zu dem Schlamassel kam. Wer sich nicht in vage Klischees flüchten möchte, steht bald vor der Frage: Wie wird ein Mensch zu einem blutrünstigen Zombie? Freilich lässt sich alles mit Magie oder Technobabble erklären. Aber sind Zombies auch aus einer strengeren wissenschaftlichen Perspektive heraus erklärbar?
Was ist ein Zombie?
Um das zu ermitteln, müssen wir zunächst festlegen, welche Eigenschaften einen Zombie grundsätzlich auszeichnen. Der Begriff und das Konzept des untoten Wiedergängers stammen ursprünglich aus der zentralafrikanischen Yoruba-Religion, in der nzùmbe einen Totengeist bezeichnet. Von dort aus gelangte diese religiöse Vorstellung mit dem Sklavenhandel in die Karibik, in der Yoruba und der Ableger Voodoo nach wie vor großen Einfluss haben. In dieser Glaubenswelt haben Voodoo-Priester die Macht, Menschen zu willenlosen zonbi zu machen, indem sie sie mit einem Fluch töten und anschließend von den Toten wiedererwecken – fertig ist der perfekte Arbeitssklave. Dieser Urtyp des Zombies hat es in viele Fantasy-Szenarien geschafft. Die kannibalischen Zombies aus der modernen Popkultur haben damit allerdings nur noch wenig zu tun: Hier handelt es sich in der Regel um hirnlos umherirrende Gestalten, die vom Hunger auf Menschenfleisch angetrieben werden. Sie bewegen sich entweder sehr langsam und unkoordiniert oder verfolgen ihre Opfer in wilder Raserei. Die Verwandlung eines Menschen setzt meistens den Biss eines Zombies voraus. Nach starker Schwächung oder dem Tod wird der Gebissene dann selbst zum Zombie.
Wiederauferstandene Leichen scheiden aus
Für halbwegs glaubwürdige biologische Erklärungen scheiden zumindest die wiederauferstandenen Leichen des Voodoo aus: Ein toter menschlicher Körper kann sich nicht mehr bewegen. Abgesehen von mangelnder Koordination durch das Nervensystem fehlt den Muskeln schlicht die Energie, denn der universelle Zellenergieträger ATP zersetzt sich nach dem Ableben.
Übrig bleiben allerlei Zombiekrankheiten und für diese Variante wird gerne auf einen wie auch immer gearteten „Zombievirus“ zurückgegriffen. Die Wahl ist naheliegend: Viren haben in der Menschheitsgeschichte zu vielen Seuchen geführt, einige davon rafften als Pandemien Millionen Infizierte dahin. Eines der dramatischsten Beispiele war die Spanische Grippe, die nach dem Ersten Weltkrieg zwischen 25 und 50 Millionen Todesopfer forderte. Viren befallen Tiere, Pflanzen, Pilze und Einzeller, sind extrem anpassungsfähig und einige Arten können zwischen Tieren und Menschen übertragen werden. Also: Wie baut man sich einen Zombievirus?
Zombiemacher 1: Tollwut
Zu den zwischen mehreren Spezies übertragbaren Viren gehört die Tollwut, deren Symptome und Übertragungswege perfekt in die Zombieschablone zu passen scheinen: Erkrankte Wildtiere verlieren die Scheu vor dem Menschen, Haushunde werden extrem aggressiv. Der Infektionsweg führt in der Regel über Biss- oder Kratzwunden. Menschen leiden unter Verwirrtheit, Angstzuständen, Halluzinationen und Schlaflosigkeit. Reize wie Licht oder Geräusche führen zu Aggression, Wutanfällen und damit häufig wiederum zu Beißattacken. Der Anblick von Wasser kann Krämpfe in Rachen und Kehlkopf verursachen, sodass der Schluckreflex ausfällt und sich der bekannte Schaum vor dem Mund bildet. Das Virus vermehrt sich zunächst an der infizierten Wunde und gelangt anschließend über die Nervenfasern ins Rückenmark und ins Gehirn. Von dort aus gelangt es wiederum in die Tränen- und Speicheldrüsen, wo es ausgeschieden wird und auf den entscheidenden Biss wartet, um den nächsten Wirt zu infizieren. So weit, so Zombie. Warum ist die Welt also nicht längst an einer Tollwut-Zombieplage zugrunde gegangen?
Dieselbe Frage hat Focus Online dem deutschen Virologen Alexander Kekulé gestellt. Dessen ernüchternde Antwort: „Wenn das Gehirn durch das Tollwut-Virus stark angegriffen ist, sind die Betroffenen neurologisch schwerstkrank. Das sind Menschen, die eine schwere Hirnentzündung haben und auf der Intensivstation liegen. Die sind zu schwach, um aufzustehen. Schon gar nicht können sie jemandem hinterher rennen, um ihn zu beißen. Die meisten kommen keine drei Schritte weit ohne Trage.“ Gut, dann müssen eben hyperaggressive Zombietiere her. Allerdings steht man hier laut Kekulé vor demselben Problem: „Die Erkrankung sieht nicht so aus, dass ein wildgewordener Wolf durch den Wald rast und Menschen beißt. Dafür ist er wegen der schweren Nervenkrankheit eben viel zu schwach. Er liegt eher irgendwo verendend herum. Wenn ein Mensch sich ihm nähert, schnappt das Tier mit letzter Kraft zu.“
Ohne medizinische Versorgung sterben die Infizierten schnell an den Entzündungen ihres Nervensystems, da bleibt nicht viel Zeit, um durch die Gegend zu wanken und auf Opfer zu warten. Außerdem liegt die Inkubationszeit beim Menschen zwischen einem und drei Monaten. Das passt nicht zum Zombievirus, der binnen Stunden aus Freunden, Familie und Kollegen hirnlose Tötungsmaschinen macht. Zu allem Überfluss verläuft die Tollwut in der Regel tödlich, aber es gibt sehr effiziente Impfstoffe, die sich auch gegen verschiedene Varianten als wirksam erwiesen haben. Das Gegenmittel ist also schon da, man müsste stark an der Tollwut schrauben, um daraus den gewünschten Erreger zu machen. Vielleicht sind also künstliche Viren der Schlüssel.
Ob das außer Kontrolle geratene Zombievirus, das von Wissenschaftlern im Labor erschaffen wurde, ein probates Mittelchen für den Untergang der Menschheit ist, erklärt Teil 2.
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Titelbild: „Biohazard Wallpaper“, (CC BY-SA 2.0) Vinicius Munhoz/Flickr